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Öffentliche Bekanntmachung - Allgemeinverfügung

Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme aufgrund eines Kampfmittelverdachtspunkts in der Stadt Laatzen - Ortsteil Ingeln-Oesselse

Die Stadt Laatzen erlässt aufgrund der §§ 1, 2, 17 Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG)[i] in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG)[ii] und § 35 S. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)[iii] folgende Allgemeinverfügung:

1.     Am Sontag, den 28. April 2024, wird ab 9 Uhr durch die Stadt Laatzen für Teile des Ortsteils Ingeln-Oesselse ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot angeordnet. Das Betretungs- und Aufenthaltsverbot gilt für die an dem Tag eingerichtete Sperrzone. Die Sperrzone misst einen Radius von 1.000 Metern um die Fundorte der Kampfmittelverdachtspunkte. Die Kampfmittelverdachtspunkte und die Sperrzone sind der Anlage der Allgemeinverfügung zu entnehmen, welche Bestandteil der Allgemeinverfügung ist.

In der Sperrzone ist insbesondere der Aufenthalt innerhalb und außerhalb von Gebäuden, sowie auf Straßen, Wegen und Plätzen verboten.

Das Betretungs- und Aufenthaltsverbot gilt nicht für an der Evakuierung und Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme beteiligte Personen, sowie für Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes in Absprache mit der Einsatzleitung oder mit der Einsatzleitung beauftragten Personen.

2.     Die sofortige Vollziehung der Nummer 1 dieser Allgemeinverfügung wird angeordnet.

3.     Wird der Allgemeinverfügung zu Nummer 1 nicht nachgekommen, wird das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs angedroht.

4.     Der Abschluss der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme und die Aufhebung der Sperrzone wird auf der offiziellen Internetseite der Stadt Laatzen (https://www.laatzen.de/), auf den offiziellen sozialen Netzwerken der Stadt Laatzen sowie über die Warnapp KATWARN bekanntgegeben.

5.     Diese Allgemeinverfügung gilt mit dem auf ihre Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben. Nach der Bekanntgabe der Aufhebung der Sperrzone gemäß Nummer 4 tritt die Allgemeinverfügung außer Kraft.

Begründung: 

Zu Nr. 1:

Bei Sondierungsarbeiten in der Stadt Laatzen, im Ortsteil Ingeln-Oesselse, wurden durch Luftbildauswertungen des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Niedersachsen zwei Objekte im Erdreich ausfindig gemacht. Die Objekte weisen von der Art und dem Ausmaß die Eigenschaft eines Sprengkörpers auf, welche nach dem Abwurf im zweiten Weltkrieg nicht detoniert zu sein scheinen, sodass die beiden Objekte insgesamt als Kampfmittelverdachtspunkte einzustufen und zu entfernen sind.

Grundlage für den Erlass des Betretungs- und Aufenthaltsverbots der Allgemeinverfügung durch die Stadt Laatzen ist § 17 Abs. 1, 2 NPOG. Für die Erteilung eines Betretungs- und Aufenthaltsverbots und den Erlass dieser Allgemeinverfügung ist die Stadt Laatzen nach §§ 97 Abs. 1 und 100 Abs. 1 i.V.m. 100 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 NPOG zuständig. Vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem nach § 28 Abs. 1 VwVfG die Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG kann von der Durchführung einer Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn die Behörde eine Allgemeinverfügung erlassen will. Mit der Allgemeinverfügung soll eine Mehrzahl von Adressaten erreicht werden, welche u.a. Ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort innerhalb der Sperrzone haben. Die Verfahrenspraxis gewährt es bei einer Sperrung und Räumung von Gebäuden wegen der Entfernung eines Blindgängers von der Anhörung abzusehen. 

Nach § 17 Abs. 1 NPOG können die Verwaltungsbehörden und die Polizei zur Abwehr einer Gefahr jede Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Eine Gefahr liegt nach § 2 Nr. 1 NPOG vor, wenn eine Sachlage besteht, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Soweit die Maßnahme eine Wohnung betrifft, ist sie gemäß § 17 Abs. 2 NPOG gegen den erkennbaren oder mutmaßlichen Willen der berechtigten Person nur zur Abwehr einer gegenwärtigen, erheblichen Gefahr zulässig. Danach sind Eingriffe in die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Freiheit der Person zur Verhütung gegenwärtiger, erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zulässig. Eine Gefahr ist nach § 2 Nr. 2 NPOG gegenwärtig, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in aller nächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Sie ist gemäß § 2 Nr. 3 NPOG erheblich, wenn Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte betroffen sein können.

Während der notwendigen Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme besteht die Gefahr der Explosion von Sprengkörpern, die das Leben und die Gesundheit von Personen innerhalb und außerhalb von baulichen Anlagen, sowie die Sicherheit von Gebäuden im Einwirkungsbereich einer Explosion der Sprengkörper erheblich gefährdet. Diese Gefahr erhöht sich, wenn durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst Niedersachsen festgestellt wird, dass nur eine Sprengung eines Sprengkörpers in Betracht kommt. Die Sperrzone, die von einer möglichen Explosion betroffen sein könnte, wurde nach fachlicher Einschätzung des Kampfmittelbeseitigungsdienstes Niedersachsen in Abstimmung mit der Stadt Laatzen festgelegt. Die Räumung der Sperrzone ist daher zwingend notwendig, um die während der Maßnahmen drohende Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Personen im Einwirkungsbereich abzuwenden.

Das der Stadt Laatzen obliegende Ermessen wurde nach § 40 VwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Mit der Räumung der Sperrzone wird das Ziel erreicht, das Leben und die Gesundheit der Personen zu schützen. Die Anordnung der Räumung der Sperrzone ist geeignet, erforderlich und angemessen, um die gegenwärtige, erhebliche Gefahr abzuwehren.

Die Maßnahme ist geeignet, um die drohende Gefahr durch eine Explosion des Sprengkörpers abzuwehren. Die Sperrzone wurde unter Berücksichtigung der vermuteten Größe der Objekte und damit deren möglicher Sprengkraft und eines möglichen Einwirkungsbereichs im Falle einer Explosion festgelegt.

Mildere Mittel zur Abwehr der mit der Entfernung der Sprengkörper verbundenen Gefahr, die mit geringeren Beeinträchtigungen der Betroffenen verbunden wären, sind nicht ersichtlich.

Die Festsetzung der Sperrzone ist auch angemessen. Dem Aufenthaltsverbot steht das Interesse der betroffenen Personen an Freizügigkeit, Eigentumsfreiheit und allgemeiner Handlungsfreiheit nicht entgegen.

Durch die Festsetzung des Aufenthaltsverbots wird insbesondere bei den Bewohnenden in das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 Abs. 1 Grundgesetz (GG)[i] eingegriffen. Dies ist allerdings zulässig, da eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit, für eine Vielzahl von Personen, durch die angeordneten Maßnahmen abgewehrt wird. Zudem wird mit der Anordnung in die in Art. 14 GG normierte Eigentumsfreiheit eingegriffen, da während der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme die Sperrzone nicht betreten werden darf. Damit wird insbesondere in die Eigentumsfreiheit von Anwohnern, Mietern und Gewerbetreibenden eingegriffen. Allerdings handelt es sich bei dem Eingriff um eine gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG), weil ohne die getroffene Maßnahme während der Kampfmittelbeseitigung, eine dringende Gefahr für Leben und Gesundheit der Personen bestehen würde. Auch liegt ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG vor. Durch die allgemeine Handlungsfreiheit wird jede selbstbestimmte menschliche Handlung geschützt. Hierunter ist auch das Aufsuchen eines bestimmten Bereichs oder der Aufenthalt in diesem Bereich zu verstehen. In dieses Recht wird mit dem Erlass der Allgemeinverfügung eingegriffen, da hierdurch das Betreten und der Aufenthalt in der Sperrzone verhindert wird. Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt, denn wie bereits ausgeführt, besteht durch die Kampfmittelbeseitigung eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit von Personen.

Es sind keine Gründe ersichtlich, die dazu führen, dass das Individualinteresse an einer Anwesenheit in der Sperrzone dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit überwiegt. Insbesondere das Schutzbedürfnis dieses Rechtsguts erfordert die Zurückstellung der genannten Grundrechte. Die getroffene Maßnahme muss gerade im Hinblick auf das hohe Gut der körperlichen Unversehrtheit hingenommen werden. Die getroffene Maßnahme liegt im eigenen Interesse der Bewohnenden sowie aller weiteren Personen innerhalb der Sperrzone. Das Interesse des Einzelnen, bestimmte Bereiche, wie Gebäude, Straßen, Wege oder Plätze betreten zu dürfen, muss dahinter zurückstehen, zumal die Maßnahme der Sperrung auch zeitlich beschränkt ist.

Zu Nr. 2:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S.1 Nr.4 VwGO ist erforderlich, da dadurch sichergestellt ist, dass keine unbeteiligten Personen im Falle einer Explosion eines Sprengkörpers verletzt oder getötet werden. Der Schutz der Belange der Allgemeinheit überwiegt das Individualinteresse der einzelnen Person am Betreten der Sperrzone und dem dortigen Aufenthalt. Mit der Räumung des in Nummer 1 festgelegten Bereichs kann nicht bis zur Entscheidung über mögliche Rechtsbehelfe gewartet werden, da sich hierdurch die notwendige Entfernung des Sprengkörpers unverhältnismäßig verzögern würde. Aus diesen Gründen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse geboten, da hier der Schutz der Belange der Allgemeinheit die Interessen der einzelnen Betroffenen am Verbleib in dem gefährdeten Gebiet überwiegt.

Zu Nr. 3:

Nach §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 Nr. 3, 69 NPOG sind die Verwaltungsbehörden und die Polizei berechtigt, die Regelung dieser Allgemeinverfügung mittels Zwangsmitteln durchzusetzen, wenn die Allgemeinverfügung unanfechtbar geworden ist oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs erfolgt auf Grund §§ 70, 74 NPOG. Die Anwendung anderer Zwangsmittel lassen keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erkennen. Insbesondere würde die Durchsetzung im Wege des Zwangsgeldes zu einer nicht hinnehmbaren Verzögerung der Entfernung führen. Somit liegt ein im geringeren Maße beeinträchtigendes, gleich wirksames Zwangsmittel nicht vor und die Anwendung des unmittelbaren Zwangs ist verhältnismäßig.

Zu Nr. 4:

Der offizielle Abschluss der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme und die Aufhebung der Sperrzone kann vor dem Erlass der Allgemeinverfügung und mit in Kraft treten dieser nicht vorhergesagt werden. Der Umfang der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme wird erst mit Beginn der Maßnahme am 28. April 2024 bestimmbar. Aus diesem Grund erfolgt die Bekanntgabe mit Abschlusses der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme sowie die Aufhebung der Sperrzone auf der offiziellen Internetseite der Stadt Laatzen (https://www.laatzen.de/), auf den offiziellen sozialen Netzwerken der Stadt Laatzen sowie über die Warnapp KATWARN.

Zu Nr. 5:

Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 43 Abs. 1, 41 Abs. 4 VwVfG). Sie tritt nach der Bekanntgabe über den Abschluss der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme sowie der Aufhebung der Sperrzone gemäß Nummer 4 außer Kraft.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstr. 15, 30175 Hannover, erhoben werden.

Hinweise:

Während der Kampfmittelbeseitigungsmaßnahme wird für die Bewohnenden der Sperrzone, die keine andere Aufenthaltsmöglichkeit haben, folgende Anschrift als Aufenthaltsmöglichkeit zur Verfügung gestellt:

Grundschule Gleidingen der Stadt Laatzen

Oesselser Straße 12, 30880 Laatzen

Sollten Bewohnende von der Unterbringungsmöglichkeit Gebrauch machen und Haustiere mitbringen, so ist die Versorgung der Haustiere durch die haltenden Personen eigenverantwortlich sicherzustellen. Weitere und aktuelle Informationen sind auf der offiziellen Internetseite der Stadt Laatzen (https://www.laatzen.de/) abrufbar.

Auf Antrag kann das Verwaltungsgericht Hannover, Leonhardtstr. 15, 30175 Hannover, die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen.

Die Zuwiderhandlung gegen das Betretungs- und Aufenthaltsverbot nach Nummer 1 der Allgemeinverfügung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, welche nach §§ 17, 49 a Abs. 1 S. 2 NPOG mit einer Geldbuße bis zu 5.000,00 € geahndet werden kann.

Im Auftrag

Osterwald

Laatzen, den 23.04.2024

 

[1] Niedersächsisches Polizei und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) vom 19. Januar 2005 (Nds. GVBI. S. 9) in der derzeit geltenden Fassung

[2] Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) vom 03. Dezember 1976 (Nds. GVBI. S. 311) in der derzeit geltenden Fassung

[3] Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102) in der derzeit geltenden Fassung

[4] Grundgesetz (GG) vom 23. Mai 1949 (BGBI. I Gliederungsnummer 100-1) in der derzeit geltenden Fassung

Anlage

 



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anlage

 

 


[i] Niedersächsisches Polizei und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) vom 19. Januar 2005 (Nds. GVBI. S. 9) in der derzeit geltenden Fassung
[ii] Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) vom 03. Dezember 1976 (Nds. GVBI. S. 311) in der derzeit geltenden Fassung
[iii] Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102) in der derzeit geltenden Fassung