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Stationen im Kampf der Menschheit um Menschenwürde und Menschenrechte

Text von Klaus J. Schlüter

Der Kampf um Menschenwürde und Menschenrechte in der Geschichte der Menschheit ist sehr alt. Dort, wo Monarchen, Diktatoren oder Regierungen ihre Macht missbrauchen, beginnt der Kampf um Leben, Freiheit und Gerechtigkeit. Die hier zusammengestellten Texte sollen Zeugnis von diesem Kampf der Menschheit geben. Ausgewählt sind wichtige Stationen im Kampf um Menschenwürde und Menschenrechte. Diese werden hier mit einigen Sätzen kurz vorgestellt.

 

Magna Charta Libertatum
England 1215


Diese Schrift ist auch bekannt unter dem Namen: „Große Urkunde der Freiheiten.“ Sie hatte das Ziel, die Adeligen und Geistlichen, zum Teil auch die Bauern, vor maßlosen Steuern des Königs zu schützen und jedem Untertan Schutzrechte gegenüber der Krone  zuzusprechen. Diese Schutzrechte kamen in jener Zeit zwar noch lange nicht allen Bürgern zugute, jedoch waren sie wichtige erste Schritte im Kampf um die Menschen- und Bürgerrechte.
Im Laufe der Zeit wurde die Magna Charta zur wichtigsten Grundlage des englischen Verfassungsrechts.

 

Petition of Right
(Bittschrift um die Herstellung des Rechts)
England 1628


Die Petition of Right wurde dem englischen König Karl I. als Erklärung der bürgerlichen  Freiheiten übergeben. Im Wesentlichen verweisen die Urheber dieser Schrift damit auf die Magna Charta von 1215 und machen die Einhaltung von vier Prinzipien geltend:

  1. Keine Steuererhöhung ohne Zustimmung des Parlaments.
  2. Keine Inhaftierung von Untertanen ohne erwiesenen Grund.
  3. Keine Einquartierung von Soldaten bei der Bürgerschaft.
  4. Keine Anwendung von Kriegsrecht in Friedenszeiten.

 

Habeas – Corpus – Akte
England 1679
(Habeas Corpus = du mögest den Körper haben)


Dieses Gesetz wurde dem englischen König Karl II. vom Parlament abgerungen. Es stellte sicher, dass kein Untertan der englischen Krone ohne ein gerichtliches Verfahren in Haft gehalten werden darf und ein Beschuldigter innerhalb kurzer Zeit einem Richter vorzuführen ist.
Nur zehn Jahre später fanden diese Gesetze zum Schutz der persönlichen Freiheit eine Ergänzung durch die Bill of Rights (England 1689) und rund 100 Jahre später Eingang in die Amerikanische Verfassung.
Vgl. dazu auch Artikel 104 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

 

Bill of Rights
England 1689


Nach der Petition of Right von 1628 hatte sich die englische Monarchie immer wieder durch Rechtsbrüche gegenüber dem Parlament und dem Volk schuldig gemacht. Der englische König Jakob II. (1685 – 1688) kannte keine Skrupel im Umgang mit seinen Feinden und Untertanen. In seinem Namen wurden ohne Gerichtsurteil Menschen verhaftet, als Gefangene in die Kolonien deportiert oder auf andere Weise umgebracht. Mit dieser Bill of Rights wurden die Rollen von Monarch und Parlament klar definiert und die absolute Macht des Königs zugunsten des Parlaments eingeschränkt. Dieses inzwischen mehr als 300 Jahre alte Dokument gilt heute als Fundament für die allgemeinen Völker- und Menschenrechte.

 

Die Unabhängigkeitserklärung Amerikas
Declaration of Independence 1776


In den Auseinandersetzungen mit Großbritannien schlossen sich die 13 an der Ostküste Amerikas gelegenen britischen Kolonien zusammen und beschlossen ihre Unabhängigkeit. Kern der vorausgegangenen Proteste war, dass die Kolonien Steuern zahlen sollten, ohne dass sie im Parlament in London vertreten sein durften. Die Kolonisten beriefen sich bei ihren Forderungen auf die schon mit der Bill of Rights von 1689 verbrieften Rechte. Für sie galt als Folge der Satz: „no taxation without representation“, (deutsch: keine Besteuerung ohne parlamentarische Repräsentation). Vorlage für die Abstimmung war die

„Virginia Declaration of Rights“ vom 12. Juni 1776.

In dieser waren Menschenrechte, demokratische Grundrechte, Volkssouveränität, Gewaltenteilung, Trennung von Staat und Kirche und das Wahlrecht zu allen Staatsämtern formuliert. Aus diesen Festlegungen entstanden die amerikanischen

Bill of Rights von 1789,

die als die 10 Zusatzartikel in die Verfassung der Vereinigten Staaten (von 1787) Eingang fanden und die 1791 verabschiedet wurde. Die Unabhängigkeitserklärung wurde am 4. Juli 1776 in Philadelphia angenommen. Noch heute wird der 4. Juli in den USA als „Independence Day“ gefeiert.

 

Die Französische Erklärung der Menschen- und
Bürgerrechte 1789


Nicht nur für die Franzosen sondern für den gesamten europäischen Kontinent haben jene Prinzipien der Menschen- und Bürgerrechte die neuere Geschichte geprägt. Absolutistische Monarchien wurden zum Teil aufgelöst oder nach und nach in konstitutionelle oder parlamentarische Monarchien umgewandelt.
Das Motto der französischen Nationalversammlung, die am 26. August 1789 die Menschen- und Bürgerrechte verkündete, war wegweisend:

Liberté, Egalité, Fraternité (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit)

So lauten z.B. die ersten vier Artikel:
Art. 1. Die Menschen sind und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten. Soziale Unterschiede dürfen nur im gemeinen Nutzen begründet sein.
Art. 2. Das Ziel jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unveräußerlichen Menschenrechte. Diese Rechte sind Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung.
Art. 3. Der Ursprung jeder Souveränität ruht letztlich in der Nation. Keine Körperschaften, kein Individuum können eine Gewalt ausüben, die nicht ausdrücklich von ihr ausgeht.
Art. 4. Die Freiheit besteht darin, alles tun zu können, was einem anderen nicht schadet. So hat die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen nur die Grenzen, die den anderen Gliedern der Gesellschaft den Genuss der gleichen Rechte sichern. Diese Grenzen können allein durch Gesetz festgelegt werden.

 

Die erste deutsche Revolution – 1848/1849

Die erste deutsche Revolution von 1848/1849 gliedert sich ein in eine Vielzahl von Revolutionen in den europäischen Ländern. Ähnlich waren die zentralen Forderungen der Revolutionäre. Ihnen ging es um die Schaffung von Nationalstaaten, der Demokratisierung der politischen Herrschaftssysteme und um eine Neuordnung der Sozialsysteme, mit der die wirtschaftliche Not breiter Bevölkerungsschichten behoben werden sollte. Im Deutschen Bund waren es vor allem die „Märzforderungen“. Mit ihnen wurden  Versammlungsfreiheit, Rede- und Pressefreiheit, Gleichheit aller Bürger, unabhängige Justiz, Vereidigung des Heeres auf die Verfassung und vor allen Dingen die Einberufung einer Nationalversammlung gefordert. Während das liberale Bürgertum eher eine nationale Einheit und eine freiheitliche Gesamtverfassung forderte, stritten die Arbeiter, Handwerker,  selbständige Meister und Bauern vornehmlich um eine Lösung ihrer wirtschaftlichen Probleme.

In der Regel wurden die Revolutionäre in den Straßen der Städte von den Soldaten der Landesfürsten niedergedrückt, so dass die Kämpfe immer heftiger wurden, so z.B. der äußerst blutige „Barrikadenkampf“ am 18. März 1848 in Berlin. Ein Einlenken der Fürsten schuf dann die Voraussetzung für die erste frei gewählte deutsche Volksvertretung in der Frankfurter Paulskirche, die am 18. Mai 1848 erstmals tagte. Der dort verabschiedete Grundrechtskatalog, der das politische Fundament für den neuen deutschen Nationalstaat bilden sollte, wurde Bestandteil der „Verfassung des Deutschen Reiches“, die am 27. März 1849 von der Nationalversammlung verabschiedet wurde.

Jedoch mit Deutsch–Österreich war keine Lösung zu finden; so entschied man sich für die „kleindeutsche Lösung“, an deren Spitze ein erblicher Kaiser stehen sollte. Da der preußische König die angebotene Kaiserkrone ablehnte und verschiedene deutsche Fürsten die in ihren Augen „revolutionäre“ Reichsverfassung ablehnten, war damit das Ende der deutschen Revolution besiegelt.

 

Die Weimarer Reichsverfassung von 1919


Gedanken und Positionen z.B. der „Declaration of Independence“ USA 1776, der „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ Frankreich 1789 und ebenso Inhalte der „Märzforderungen“ der 1. Deutschen Revolution von 1848/49 fließen direkt in die Weimarer Reichsverfassung ein und wurden von der damaligen deutschen Nationalversammlung sogar weiterentwickelt. So wurden im zweiten Hauptteil dieser Verfassung mit den Artikeln 109 bis 118 klassische Freiheits- und Gleichheitsrechte wie z.B.: das Recht auf Freizügigkeit, Gleichheit, Berufsfreiheit, Freiheit der Person, Verbot der Auslieferung und Unverletzlichkeit der Wohnung formuliert.

Allerdings lässt die Aufnahme dieser Freiheits- und Gleichheitsrechte erst im zweiten Hauptteil der „Verfassung des Deutschen Reichs“ die Deutung zu, dass die Formulierung von Bürger- und Menschenrechten nicht im vordersten Blickpunkt der verfassungsgebenden Nationalversammlung stand. Vielmehr war wohl eher die Hauptaufgabe der Nationalversammlung darin zu sehen, für das nach innen und außen zusammengebrochene Deutsche Reich einen neuen deutschen Staat auf dem Fundament einer parlamentarischen Demokratie aufzubauen.

Warum dennoch dieser neue deutsche Staat, die sogenannte Weimarer Republik, nicht überlebt hat, mag sicher an vielen verschiedenen Hindernissen gelegen haben. Da sind z.B. zu nennen der fehlende Verfassungsschutz, die schwierigen Mehrheitsbildungen im Parlament, das Wahlrecht zum Parlament, das Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten (Art. 48), die Verpflichtungen aus dem Friedensvertrag von Versailles vom 28. Juni 1919, der Straßenterror der NSDAP und der KPD und nicht zuletzt die enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten wie Inflation, Weltwirtschaftskrise 1929, die enorm hohe Zahl von Arbeitslosen und der hohe Verarmungsgrad in der Bevölkerung. Alle diese Realitäten mündeten in dem „Ermächtigungsgesetz“ vom 24. März 1933, mit dem faktisch die gesetzgebende Gewalt auf Adolf Hitler überging und die Reichsverfassung mit ihren Grundrechten für die Bürger außer Kraft gesetzt wurde. Damit begann die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur.

 

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Vereinte Nationen, Paris, 10. Dezember 1948


Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 ist wohl das bekannteste und am weitesten verbreitete Menschenrechtsdokument in unserer Zeit. Es ist in etwa 500 Sprachen übersetzt. Nach dem Sieg über den nationalsozialistischen Terror und dem Ende des Zweiten Weltkrieges bildeten sich 1945 die Vereinten Nationen. Ihr Auftrag an die Völkergemeinschaft lautete, Bedingungen zu schaffen, damit alle Menschen in Frieden und frei von Furcht und Mangel leben könnten.

Im Dezember 1948 erfolgte die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris. Von den 56 vertretenen Staaten stimmten 48 Staaten zu und 8 Staaten enthielten sich der Stimme. Artikel 1 der insgesamt 30 Artikel lautet:
„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“

 

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Bonn, 23. Mai 1949


Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland hatten die westlichen Besatzungsmächte (USA, Großbritannien und Frankreich) sich entschieden, einen deutschen Staat auf dem Territorium ihrer Besatzungszonen zu errichten. Ein sog. Parlamentarischer Rat wurde einberufen, der das Grundgesetz für diesen neuen Staat erarbeiten sollte. Die Beratungen dauerten von September 1948 bis Mai 1949. Am 23. Mai 1949 wurde in Bonn dieses Grundgesetz verkündet. Damit war zugleich die Bundesrepublik Deutschland gegründet.

Es ist gut zu erkennen, dass die Ideen und Festlegungen von Menschenrechten und Bürgerrechten der vorausgegangenen großen Schriften, die politischen Erfahrungen aus der Weimarer Republik und die katastrophalen Menschenrechtsverletzungen der  Nationalsozialisten starken Einfluss auf die Formulierungen dieses Grundgesetzes genommen haben. 

Hervorgehoben sei hier besonders der erste Satz des Artikels 1 der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

 

Die Friedliche Revolution und das Ende der DDR
1989

Unter „Revolution“ versteht man oft ein gewaltsames Aufbegehren von Teilen der Bevölkerung gegen die Staatsmacht. Es gibt jedoch auch Beispiele für eine friedliche Revolution. Davon spricht man zum Beispiel, wenn man an das Ende der DDR denkt. Im Jahr 1989 gingen viele Bürgerinnen und Bürger in Leipzig und anderen Städten der damaligen DDR auf die Straße und demonstrierten. So versammelten sich am 4. November 1989 etwa 1 Millionen Demonstranten in Ost-Berlin auf dem Alexanderplatz und forderten den Rücktritt der SED-Regierung. Sie demonstrierten für freie Wahlen und forderten Presse-, Meinungs- und Reisefreiheit und riefen „Wir sind das Volk“. Damit forderten die Demonstranten die Regierung zwar heraus, aber die Proteste blieben gewaltfrei. Dieser friedliche Protest der Menschen führte schließlich zum Ende der DDR und später zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten.